Inhaltsverzeichnis
Wie Du bei Deinen Kindern Empathie und Mitgefühl förderst
In den letzten Tagen haben wir uns mit der Ehrlichkeit beschäftigt (siehe Wert 4: Ehrlichkeit – mit Tipp, um mit 8x höherer Wahrscheinlichkeit nach einer Lüge endlich die Wahrheit von Deinem Kind zu erfahren). Nun kommen wir heute zum Mitgefühl bzw. der Empathie (mit der Ehrlichkeit als Grundlage, siehe * S.89).
Fühlst Du oft mit Deinem Kind mit? Wenn es etwas nicht schafft und darüber todtraurig oder frustriert ist? Wenn es sich freut? Und hast Du auch schon erlebt, wie Dein Kind mit anderen mitfühlt? War es traurig oder hat sich richtig doll für jemand anderen freuen können?
Falls Du erfahren möchtest, wie Du Deinem Kind bei seiner Gefühlsverarbeitung am besten helfen kannst, dann wäre mein Videokurs „Vom Gefühls-Chaos zu emotionaler Stärke – liebevolle Begleitung für Trotzböckchen, scheues Reh und Pubertier“ perfekt für Dich.
Hier findest Du mehr darüber: Vom Gefühls-Chaos zur emotionalen Stärke – begleite Dein Kind!
Was ist eigentlich Mitgefühl?
Mitgefühl und Empathie werden oft gleichgesetzt, allerdings gibt es Unterschiede in der wissenschaftlichen Definition **.
Ich schreibe hier von Mitgefühl und meine damit die Fähigkeit, sich in die Gedanken, Gefühle und die Perspektive anderer Menschen einzufühlen. Und in sich selbst (Selbstmitgefühl).
Im Umgang mit kleinen Kindern ist von uns Eltern z.B. Mitgefühl gefordert, wenn wir rausfinden wollen, warum unser Kind gerade unglücklich ist. Dazu müssen wir uns in seine Lage versetzen, um zu entdecken, was nun gerade sein Problem sein könnte. Man kann sich sowohl gedanklich, als auch vom Gefühl her, in jemand anderen hinein versetzen. Also kann man einerseits kognitiv nachvollziehen, wie er denkt und fühlt und andererseits seine Gefühle sogar selbst wahrnehmen.
Warum ist Mitgefühl wichtig?
Das Mitgefühl trägt dazu bei, psychisch gesund zu sein und auch bei Schicksalsschlägen (eigenen oder denen anderer) gelassener reagieren zu können (Resilienz). Also genau das, was wir uns für unsere Kinder wünschen würden. Außerdem kann man besser auf andere eingehen, wenn man mit ihnen mit fühlt und ihre Perspektive nachvollziehen kann. Das wiederum kommt uns sowohl im Privatleben als auch im Beruf zugute und hilft uns bedeutend weiter.
Wenn Dich das Thema tiefergehend interessiert, dann findest Du hier einen ganz großartigen, umfassenden, wissenschaftlich fundierten Informations-Schatz mit riesigem EBook zum Thema:
http://www.compassion-training.org/?lang=de&page=home
Kann zu viel Mitgefühl schaden?
Häufige Einwände von Eltern:
- Wenn ich meinem Kind beibringe, sich stärker einzufühlen, dann nimmt es sich ja alles zu Herzen und zerbricht vielleicht daran?
- Wäre es nicht besser, das Kind etwas “abzuhärten”, damit es nicht so arg mit anderen mitfühlt und sich in der “Ellenbogengesellschaft” besser durchsetzen kann?
Nein, genau hier kommt der von Forschern definierte Unterschied zwischen Empathie und Mitgefühl ins Spiel. Beim Mitgefühl herrscht bei einem selbst ein positives Grundgefühl vor. Man fühlt zwar mit, kann dies aber nutzen, um es in Positives, in Hilfe und Unterstützung umzuwandeln, anstatt daran zu verzweifeln oder darunter zu leiden.
Wie kann man Mitgefühl lernen?
Zunächst ein paar praktische Tipps für das Selbstmitgefühl. Zur Entwicklung des Selbstmitgefühls werden drei Schritte beschrieben:
1.)Lernen, zu erkennen, was einem gerade Probleme bereitet (das eigene Leiden).
2.)verstehen, dass man selbst etwas aktiv dagegen tun kann.
3.)sich vertrauen, dass man selbst das eigene Leiden lindern kann (siehe *, S. 46).
In der Arbeit mit Kindern wurde den Kindern dazu die Metapher eines Waldbrandes erzählt. Wenn sie lernen, rechtzeitig kleine Funken zu entdecken und zu löschen, dann können sie einen großen Waldbrand verhindern. Sie sollen also Stressanzeichen (die kleinen Funken) frühzeitig bemerken (was einen ärgert, nervt, aufregt…), um sich dann darum kümmern zu können. So können große Wutausbrüche mit viel aufgestauter Wut aus mehreren Gründen vermieden werden.
Unvoreingenommenheit können Kinder entwickeln, indem man ihnen beibringt, dass alle Menschen nur das Ziel haben, glücklich zu sein. Dass wir darin alle gleich sind. In kleinen Geschichten kann man ihnen dann zeigen, dass unsere Einschätzung und unser Einfühlungsvermögen sehr davon abhängt, wie nah wir jemandem stehen und welche Informationen wir über ihn haben. Man kann z.B. fragen, ob sie mit jemandem mitfühlen, der weint, weil er aus Versehen etwas Kostbares kaputt gemacht hat. Dazu kann man die Geschichte variieren und erst fragen, wie sie sich fühlen würden, wenn es ihr bester Freund wäre. Und wie würden sie sich fühlen, wenn es sich um jemand Fremden handeln würde? Oder um jemanden, den sie gar nicht leiden können? Mit solchen Fragen werden sie merken, dass sie stärker mitfühlen, wenn ihnen jemand näher steht (oder vielleicht sogar schadenfroh sind statt mitzufühlen, wenn es sich um jemand Unliebsames handelt?)
Der Babemba-Stamm in Afrika hat eine interessante Tradition: tut jemand von ihnen etwas Unrechtes, dann unterbrechen alle sofort ihre Tätigkeiten, stellen sich im Kreis um denjenigen und jeder sagt etwas Gutes über ihn. Das Ziel ist, dass derjenige sich selbst wieder daran erinnert, wie gutherzig er eigentlich ist. Einen Versuch wäre es sicher wert, den Kindern mal von dieser Tradition zu erzählen und es auszuprobieren, wie es wirkt. Wenn plötzlich statt Schimpfen Komplimente kommen. Im Ebook ist es auf Seite 60/61 beschrieben, wie eine Lehrerin das erfolgreich mit ihrer Klasse angewandt hat.
Was du nun tun kannst
- Spreche mit Deinen Kindern über die kleinen Funken, die sich zu ganzen Waldbränden aufsummieren. Versucht, solche Funken, (also kleine Anlässe, über die ihr euch ärgert) den Tag über zu finden und rechtzeitig zu benennen, darüber zu reden und sie so zu “löschen”. Damit es erst gar nicht zu Waldbränden kommt. Versuche das auch für Dich selbst.
- Versucht, im Alltag nebenher oft gemeinsam darüber nachzudenken, wie sich jemand fühlen könnte, den ihr seht (beim Einkaufen, in der Stadt…). Wie fühlt sich die alte Frau vielleicht gerade, die mühsam ihre Einkäufe nach Hause schleppt? Möchtet ihr ihr vielleicht sogar helfen? Wie mag sich der Mann fühlen, der euch gerade den Parkplatz weggeschnappt hat und genervt aus dem Auto hastet?
- Gerade, wenn Deine Kinder noch kleiner sind, hilft es ihnen, die Gefühle überhaupt erstmal erkennen zu lernen. Dazu kannst Du ihnen abwechselnd Gefühle vorspielen und sie versuchen, sie zu erraten (evtl. auf Kärtchen aufschreiben und dann ziehen). Dabei hilft es, sie darauf hinzuweisen, woran sie merken können, um welches Gefühl es sich handelt (z.B. was macht die Stirn, wenn ich wütend schaue? Was machen Mund und Augen, wenn ich glücklich lächele?). Mögliche Gefühle: traurig, fröhlich, überrascht, erschrocken, wütend, dankbar, verärgert/ärgerlich, ängstlich, verliebt/liebend.
- Sind Deine Kinder noch kleiner, dann hilft es, Deine eigenen und ihre (von Dir eingeschätzten) Gefühle zu benennen “Du ärgerst Dich, weil das nicht so klappt…?”), damit sie die Gefühle erstmal kennen lernen.
- Probiere das Ritual des Babemba-Stammes doch einmal aus. Es muss ja auch nicht gleich ein ganzer Kreis an Leuten sein. Du kannst auch ausprobieren, was passiert, wenn Du selbst Deinem Kind ein Kompliment machst, wenn es etwas Unrechtes getan hast, anstatt zu schimpfen.
Hier ist nochmal der Link zu den Details zum Gefühlskurs: Details zum Kurs
Ich wünsche euch viel Spaß mit dem Ausprobieren des Mitgefühls und viele schöne Erlebnisse dabei!
Alles Liebe!
Daniela
Zum nächsten Wert des Werte-Adventskalenders geht es hier: Wert 6: Kreativität – Fördere Phantasie und Ideenreichtum Deiner Kinder
Hast Du die Einführung in den Werte-Adventskalender für Eltern verpasst? Falls ja, dann findest Du sie hier: Einführung in den Werte-Adventskalender für Eltern
Hier kommst Du zum ersten Wert des Werte-Adventskalenders für Eltern (einfach auf die nachfolgende Schrift klicken): Wert 1: Lerne die fünf Sprachen der Liebe
Den zweiten Wert des Werte-Adventskalenders (Geduld) findest Du hier: Wert 2: Geduld
Hier findest Du den dritten Wert (Eigenständigkeit) des Werte-Adventskalenders: Wert 3: Eigenständigkeit
Den vierten Wert, Ehrlichkeit, findest Du hier: Wert 4: Ehrlichkeit – mit Tipp, um mit 8x höherer Wahrscheinlichkeit nach einer Lüge endlich die Wahrheit von Deinem Kind zu erfahren
Literaturangaben
* Singer, T., & Bolz, M. (2013). Mitgefühl in Alltag und Forschung. Max-Planck-Gesellschaft. Erreichbar und runterladbar als Ebook unter: Mitgefühl in Alltag und Forschung
** Tanja Singer beschreibt das – kurz gefasst – so, dass man bei der Empathie gefühlsmäßig so stark “mitschwingt”, dass es bei einem selbst zu Stress führen kann, wenn man sich in das Leid anderer einfühlt. Dagegen ist das Mitgefühl mit einem positiven Grundgefühl verbunden, man nimmt zwar Anteil und fühlt mit, aber man hilft anderen dann eher, anstatt in der Verzweiflung zu verharren (siehe Video zum Unterschied Empathie und Mitgefühl).
Hier kannst Du Dich für meinen Newsletter anmelden und den Zugangscode zur Schatzkiste mit zusätzlichen Inhalten für Newsletter-Abonnenten (Checklisten, Motivationskarten usw.) erhalten. Bitte vergesse nicht, meine erste Mail zu bestätigen, auch wenn sie vielleicht im Spam-Ordner gelandet ist (wegen des Wortes „Liebe“ im Absender LiebeUndHirn). Sonst darf ich Dir keine Mail mit dem Passwort schicken.
Pingback: Werte-Adventskalender für Eltern - Liebe und Hirn
Pingback: Wert 6: Kreativität - Fördere Phantasie und Ideenreichtum Deiner Kinder - Liebe und Hirn
Pingback: Wert 8: Dankbarkeit - Steigere die Zufriedenheit in eurer Familie - Liebe und Hirn
Pingback: Diese 5 Einstellungen stehen Dir und Deinen Kindern im Weg. Was Du dagegen tun kannst! Teil 2 - Liebe und Hirn
Es ist immer gut, wenn Kinder solche wundervollen Schätze früh mitbekommen. Schade, dass nicht alle Kinder das vermittelt und vorgelebt bekommen, als Orientierungshilfe für ihr Leben. Es ist allerdings immer wieder schön zu sehen, wenn die Empathie in einem erwachsenen Menschen stetig reift. Das macht eine solche Person herrlich angenehm und einfach liebenswert.
Oh ja, das ist wahr! Und sehr schön ausgedrückt!
Alles Liebe!
Daniela
Wir schauen gerade immer wieder Wimmelbücher an und sprechen darüber wie sich die Personen fühlen und warum. Ist auch eine ganz gute Übung.
Danke für den Artikel.
Sehr gerne, liebe Tabea!
Oh ja, Wimmelbücher sind auch eine ganz gute Übung.
Allerdings zeigen Studien, dass es von Büchern für Kinder nicht so gut übertragbar ist aufs echte Leben. Sie können viel früher schon in Büchern beschreiben und erkennen wie sich jemand fühlt, als sie es bei echten Menschen können. In Büchern sind die Gefühle ja auch meist eindeutiger dargestellt.
Also idealerweise eine Kombination aus Büchern und echten Gefühlsausdrücken zeigen und erklären.
Alles Liebe!
Daniela
Vielen Dank für Ihren interessanten Artikel. Ja, es ist wichtig, den eigenen Kindern in der Familie Empathie und Mitgefühl zu zeigen und so mit auf den Lebensweg zu geben. Das gelingt unserer Meinung nur, indem Eltern es vorleben und – je nach Alter der Sprösslinge – erklären. Was wäre unsere Gesellschaft ohne Mitgefühl und Empathie? Wir wollen es uns nicht vorstellen.
Empathie bedeutet, die Gefühle jener Menschen zu erkennen und zu verstehen, mit denen wir es täglich zu tun haben. Nur so können wir angemessen darauf reagieren und handeln. Wer empathielos ist, hat oft wenig Einfühlungsvermögen für andere Menschen. In einer Beziehung kann das den Partner unter Umständen unglücklich machen. Es gibt ganz unterschiedliche Gründe dafür, warum jemand empathielos ist. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man es trainieren kann, eine andere Person besser zu verstehen. Dabei geht es doch darum, das zu spüren, was der andere fühlt.
Jeder Mensch ist unterschiedlich, manche sind sehr sensibel und können sofort spüren, was in einem Gespräch in der Luft liegt. Andere sind da eher schwerfälliger und können sich nur sehr schwer, in andere Personen hineinzuversetzen. Wir haben uns schon oft Gedanken darübergemacht, was die Ursachen für diese Unterschiede sind.
Wer Empathie hat, der hat Mitgefühl für eine andere Person und wird auch als emotional intelligent bezeichnet. Ich versuche immer darauf zu achten, was mir mein Herz sagt bei einer Begegnung mit anderen Menschen. Wir alle begegnen häufig fremde Personen und oft ist es hilfreich zu spüren, was der andere fühlt und denkt. Wer dafür ein Gespür entwickelt räumt gewisse Missverständnisse vor vornherein aus.
Wir denken, wir alle besitzen die Fähigkeit der Empathie. Allerdings ist sie bei allen unterschiedlich stark vorhanden. Manche sind von Haus aus einfach begabter dafür und andere müssen sich das Wissen über die Empathie erst besser aneignen. Auf alle Fälle hilft Empathie dabei, Verständnis für eine andere Person zu entwickeln. Und das ist im Alltag sehr gut. Damit lassen sich viele Herausforderungen meistern und bewältigen. Wer das als Kind bereits lernt, hat einen gewaltigen Vorteil. Vergleichbar mit einer zweiten Sprache, die von Kind auf durch ein andersprachiges Elternteil gelernt wird.
Vielen lieben Dank für diesen langen Kommentar, liebe Christine und lieber Gerd!
Meine Erfahrungen decken sich mit euren, dass man Empathie durchs Vorleben und durch Gespräche üben kann.
Die Unterschiede, ob jemand eher sensibel auf die Gefühle anderer reagiert oder eher weniger liegen ein Stück weit im Temperament der Person und sind ein Stück weit durch die Erfahrungen geprägt, die jemand gemacht hat.
Und das muss leider nicht immer gut sein, daher ist “mehr Empathie” nicht zwangsläufig besser.
Ein Beispiel: es gibt Menschen, die als Erwachsene sehr sensibel auf die Stimmungen anderer reagieren, sie sofort aufnehmen und darauf reagieren, bloß weil sie in ihrer Kindheit in einer Umgebung lebten, die sich für sie unsicher anfühlte (z.B. mit aufbrausenden Eltern, bei denen sie nie wussten, ob die Laune gerade gut oder schlecht ist und es für sie daher essenziell war, das schnell abchecken zu können und sich dann z.B. zurück ziehen zu können, wenn die Laune schlecht war…).
Mit diesen Erfahrungen hat man also eine große Empathiefähigkeit trainiert, aber dabei nicht gelernt, auch auf die eigenen Bedürfnisse zu achten oder sich selbst gegenüber Empathie zu empfinden, was natürlich wiederum einschränkend wirkt.
Andererseits bildet sich eine hilfreiche Empathiefähigkeit z.B. aus, wenn man in seinem Umfeld z.B. erfährt, dass sich um jemand gekümmert wird, der weint und dass man sich um andere sorgt und für sie sorgt…
Ich denke auch, dass es von Vorteil ist, schon als Kind zu lernen sich in andere rein versetzen zu können, allerdings aufgrund positiver Erfahrungen statt durch die Notwendigkeit diese Fähigkeit entwickeln zu müssen zum Selbstschutz.
Alles Liebe!
Daniela