Wert 2: Geduld. Warum Geduld den Erfolg Deiner Kinder mitbestimmt

Wie Kinder Selbstkontrolle, Impulskontrolle und Geduld üben und trainieren

Wie Du Geduld bei Deinen Kindern förderst

Bist Du geduldig? Und Deine Kinder, haben sie Geduld? Ist das überhaupt ein Wert, der in der heutigen Zeit noch angemessen ist? Wo alles so schnell gehen muss, wo jede Antwort auf jede Frage sofort mit ein paar Klicks verfügbar ist? Wo man produktiver wirkt, wenn man verschiedene Sachen auf einmal macht und wo das Multitasking bei vielen (noch!) als erstrebenswert angesehen wird?

 

Ist Geduld überhaupt wichtig?

Ja, Geduld ist wichtig, weil es immer im Leben Wartezeiten geben wird. Weil es immer Zeiten geben wird, die man überbrücken muss. Zeiten, in denen man auf etwas warten muss, das man am liebsten sofort haben würde. So wie die Kinder am liebsten heute schon Heiligabend hätten (meine zumindest).

Bei sowas wie dem Warten auf Weihnachten bleibt einem ja nichts anderes übrig, als abzuwarten. Egal, ob man dabei geduldig ist oder die Nerven verliert, manches kann man selbst nicht beschleunigen. Eine positive Seite der Medaille „Geduld“ (gerade in der Vorweihnachtszeit bei Kindern), ist die Vorfreude. Warte ich auf etwas Schönes, dann ist diese Zeit der Vorfreude oft fast schöner als der ersehnte Zeitpunkt selbst, der dann ja meist viel zu schnell vorüber geht.

Geduld und Selbstkontrolle sind auch wichtig für unsere Gefühlskontrolle.

Und Gefühlskontrolle ist z.B. bei einem Wutanfall benötigt, um nicht auszurasten. Falls Du erfahren möchtest, wie Du Deinem Kind dabei am besten helfen kannst (vom Säugling bis zum Teenager), dann wäre mein Videokurs perfekt für Dich.
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Warum ich das hier schreibe? Wie Du siehst kommt dieser Blog ohne nervige Werbung aus, dafür mache ich aber auf meine eigenen Herzensprojekte aufmerksam und freue mich sehr, wenn Du Dich dafür interessierst 😉
 

Wie Kinder Impulskontrolle und Selbstkontrolle lernen und üben für Familien
Geduld lernen für Kinder, Selbstkontrolle fördern

 

Wofür steht Geduld?

Kurz zur Theorie (danach wird es praktischer und auch lustig, also bitte durchhalten!). Geduld ist eng mit dem Konzept der Selbstkontrolle verknüpft. Wenn ich es selbst in der Hand habe, ob ich geduldig abwarte oder mir das Erwartete sofort nehme, dann ist meine Impulskontrolle gefragt. Ich muss dazu in der Lage sein, meine eigenen Impulse zu kontrollieren (den sog. “inneren Schweinehund”, der mir sagt, ich könnte mir das doch jetzt schon genehmigen). Die Impulskontrolle ist eine wichtige Eigenschaft. Warum sie das ist, das wird Dir klar, wenn Du darüber nachdenkst, wozu mangelnde Impulskontrolle führen kann: zu aggressivem Verhalten, Drogenkonsum, Übergewicht…

Auch noch eng mit der Geduld verknüpft ist die sogenannte Frustrationstoleranz. Also wie gut man in der Lage ist, Frust zu dulden und über ihn hinweg zu sehen. Die Grenze der Frustrationstoleranz haben wir mit unseren Kindern schon oft hautnah erlebt. Das ist der Moment, in dem das Kind aufhört, etwas weiter zu versuchen. Oder in dem es merkt, dass es nicht bekommt, was es möchte. Der Moment, in dem es nicht mehr in der Lage ist, seinen Frust hinzunehmen. Wir Eltern kennen es als den Moment, in dem das Kind losschreit, um sich schlägt, einen Wutanfall bekommt, weint, in sich zusammensinkt… Das kann sich je nach Situation und Kind unterschiedlich äußern.

Da Kinder vieles gerade erst lernen und wir Eltern über das meiste bestimmen, stoßen sie oft an die Grenzen ihres Könnens und ihrer Kompetenzen und es gibt viele solcher Situationen. Aber auch im späteren Leben ist die Frustrationstoleranz eine wichtige Fähigkeit, da man für den Erwerb vieler Fähigkeiten vorher erst durch eine Phase des “Durchbeißens” muss. Wie z.B. durch das langsame Erlesen einzelner Buchstaben, bevor es zum flüssigen Lesen wird. Oder durch das stupide Schreiben des gleichen Buchstabens solange, bis man ihn richtig schreiben kann. Aber auch im sportlichen Bereich, z.B. muss das Kind bereit sein, durch die Phase zu gehen, in der die Schwimmbewegungen erlernt werden und es noch unter geht usw….

 

Der Marshmallow-Test

In der Psychologie gibt es einen berühmten Test, den sogenannten „Marshmallow-Test“ von Mischel*. Dabei wird ein Kind in einen Raum gesetzt mit einem Marshmallow vor sich auf dem Tisch und soll zunächst sitzen bleiben. Ihm wird gesagt, dass es entweder jetzt diesen einen Marshmallow essen kann oder zwei bekommt. Zwei Marshmallows bekommt es aber nur, wenn es abwarten kann, bis ihm wieder Bescheid gesagt wird. Die Kinder dann bei der Überbrückung der Wartezeit zu beobachten, ist nicht nur interessant, sondern auch lustig, siehe:

Die Dauer, die ein Kind in der Lage ist, zu warten, erwies sich dann aber als wichtiger Wert. Denn die Kindern aus dem Test wurden im Laufe ihres Lebens später immer wieder zu verschiedenen Dingen befragt.

Kinder, die länger abwarten konnten, hatten bessere sozial kognitive und emotionale Bewältigungsstrategien im Jugendalter und zeigten ein höheres Selbstwertgefühl. Diese „geduldigeren“ Kinder erreichten im späteren Leben auch höhere Bildungsabschlüsse. Zusätzlich konnten sie besser mit Stress umgehen und es gab in dieser Gruppe weniger Fälle von Drogenkonsum als bei den Kindern, die weniger gut abwarten konnten. **

Kurz zusammengefasst die Erklärung: viele der Kinder, die besser abwarten konnten, hatten die Wartezeit eher überstanden, weil sie andere Strategien anwenden konnten. Dabei waren sie gedanklich eher mit kognitiven Aspekten beschäftigt (z.B. mit ablenkenden Gedanken). Bei den Kindern, die schlechter abwarten konnten, waren eher Gefühle im Vordergrund. Sie dachten z.B. an den Geschmack des Marshmallows, wie er sich im Mund anfühlen würde usw. Also zeigte sich in dieser kurzen Testsituation, wie das Gehirn dieser Kinder vornehmlich auf Versuchungen reagiert, eher kognitiv oder eher emotional. Und diese unterschiedliche Verarbeitung wirkt sich auch im späteren Leben auf Entscheidungen und Handlungen aus.

Heißt das nun, dass Dein Kind (oder Du) entweder geduldig ist (bist), oder eben nicht? In gewissem Maß lässt sich diese Fähigkeit der Selbstkontrolle, die sich in der Kindheit ja auch erst entwickelt, trainieren.

 

Der Batman-Effekt

Der sogenannte Batman-Effekt drückt aus, dass Kinder eine unattraktive Tätigkeit länger durchhalten, wenn sie sich vorstellen, sie wären eine Figur wie Batman, Bob der Baumeister oder Rapunzel. Im Experiment wurde den Kindern zur besseren Verinnerlichung auch eine Requisite, wie z.B. ein Batman-Umhang angezogen. ***

Die psychologische Erklärung für das bessere Durchhalten ist, dass die Sicht der Kinder dabei ja von ihrem Selbst weggelenkt wird (zur Figur hin). Sie kommen damit eher in einen “Denkmodus” im Vergleich zum “Gefühlsmodus”.
Konzentriert sich ein Kind z.B. beim Marshmallow-Test sehr stark auf sich selbst, dann nimmt es ja wahr, wie stark sein Verlangen nach dem Marshmallow ist, wie schön es wäre, den nun zu essen… Die eigenen Impulse und Gefühle sind dann präsenter. Somit ist es schwieriger, gegen sie an zu kämpfen, als wenn sich das Kind auf etwas außerhalb (z.B. die Figur) konzentriert und in dessen Namen die Aufgabe durchführt.

Auch die Anweisung, dass die Kinder sich auf die Form des Marshmallows konzentrieren sollen (anstatt auf den Geschmack oder Geruch), führte zu einem längeren Aushalten der Situation.

 

Wie werden wir geduldiger?

Wie kann man im Alltag mehr Geduld und eine höhere Frustrationstoleranz erreichen?

Du kannst versuchen, wie Dein Kind darauf reagiert, wenn es z.B. mal die Hausaufgaben oder eine andere Tätigkeit, zu der Geduld benötigt ist, als sein Idol machen soll (je nachdem, wer das ist). Oder als ein guter Freund oder eine gute Freundin, falls derjenige Hausaufgaben recht zügig erledigt? Gerade kleinere Kinder werden dieses “Rollenspiel” oft gerne annehmen und interessant finden.

Wenn im Alltag Geduld oder Ausdauer gefragt sind, dann kannst Du versuchen, die Kinder eher von ihrem “Gefühlsmodus” in den “Denkmodus” zu bringen. Also zu versuchen, dass sie sich eben nicht auf das Warten oder die Versuchung konzentrieren, sondern auf andere Aspekte, über die sie nachdenken müssen. Gezielt zu überlegen, wie man die Situation am besten überbrücken kann, kann dabei auch sehr gut helfen. Frage Deine Kinder doch, ob sie z.B. 3 Ideen haben, wie ihr die Zeit am besten überbrücken könnt. Oder ob sie einen Vorschlag haben, was ihnen helfen könnte, Durchzuhalten oder Abzuwarten. Sobald sie ihre Gedanken einigermaßen ausdrücken können, haben Kinder auch oft gute eigene Vorschläge, was ihnen helfen könnte. Da wurde ich von meinen Kinder auch oft schon überrascht mit Lösungen, die ich ihnen in dem Alter noch gar nicht zugetraut hätte.

Außerdem kann es helfen, wenn man sich die langfristigen Ziele klar macht. Die Hausaufgaben müssen jetzt erledigt werden, damit man später Zeit zum Spielen hat.

  • Versuche, in den nächsten 3 Tagen auszuprobieren, in welchen Situationen es Dir und Deinem Kind helfen kann, vom “Gefühlsmodus” in den “Denkmodus” zu wechseln. Also z.B., wenn das Kind nörgelt, weil es etwas sofort haben möchte. Hilft es dann, mit ihm gemeinsam zu überlegen, was ihr eigentlich tun wollt (langfristige Ziele) anstatt sich weiter mit dem Thema der Versuchung zu beschäftigen? Oder wenn das Kind wenig Ausdauer zeigt. Frag es, ob es eine Idee oder Strategie hat, wie es ausdauernder bei dieser Aufgabe sein kann. Ich bin gespannt, ob es euch hilft und werde es selbst zu Hause auch ausprobieren.
  • Oder finde mit Deinem Kind gemeinsam eine Lösung für mehr Geduld oder Ausdauer in einer sonst für euch problematischen Situation.

 

Zum Nachdenken

  • Wann ist in eurem Alltag Geduld gefragt? Wie verhalten sich Deine Kinder in solchen Situationen? Und wie verhältst Du Dich?
  • Können Deine Kinder z.B. die Zeit im Wartezimmer bei Ärzten geduldig überbrücken oder drehen sie am Rad, wenn z.B. kein Handy da ist, das sie ablenkt? Also können sie sich selbst ablenken oder benötigen sie dafür entweder Dich als Unterhalter oder gar ein Gerät wie das Handy? Wie geht es Dir selbst in solchen Situationen?
  • Was macht ihr auf längeren Autofahrten? Ist da jeder mit seinen Medien beschäftigt und lässt sich ablenken oder “übersteht” ihr die lange Zeit gemeinsam, indem ihr euch lustige Spiele erdenkt und euch unterhaltet?
  • Sei nachsichtig mit Dir selbst, wenn Du mal ungeduldig reagierst, das ist menschlich. Und menschlich sollen uns unsere Kinder doch erleben.

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Möchtest Du erfahren, wie Du dafür sorgen kannst, dass sich Dein Kind wirklich geliebt fühlt?: Wert 1: Lerne die fünf Sprachen der Liebe

Selbstkontrolle Impulskontrolle Geduld Erziehung Familien Eltern
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Oder hast Du die Einführung in den Werte-Adventskalender für Eltern verpasst? Falls ja, dann findest Du sie hier: Einführung in den Werte-Adventskalender für Eltern

Den dritten Wert, Eigenständigkeit, findest Du hier: Wert 3: Eigenständigkeit

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Hier findest Du die verwendete Literatur:

* Mischel, W., Shoda, Y., & Rodriguez, M. L. (1989). Delay of gratification in children. Science, 244, 933-938.

** Mischel, W., Ayduk, O., Berman, M. G., Casey, B. J., Gotlib, I. H., Jonides, J., Kross, E., Teslovich, T., Wilson, N. L., Zayas, V., & Shoda, Y. (2011). ‚Willpower‘ over the life span: decomposing self-regulation. Soc Cogn Affect Neurosci., 6 (2): 252-256.

*** White, R. E., Prager, E. O., Schaefer, C., Kross, E., Duckworth, A. L., & Carlson, S. M. (2017). The „Batman Effect“: Improving Perseverance in Young Children. Child Dev. 88 (5), 1563-1571.

 

7 Kommentare zu „Wert 2: Geduld. Warum Geduld den Erfolg Deiner Kinder mitbestimmt“

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